

SPD-Spitze nennt Wirtschaft und Entlastungen als Prioritäten für neue Regierung
Wenige Tage vor Abschluss des SPD-Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag mit der Union hat Parteichef Lars Klingbeil die Stärkung der Wirtschaft zur "obersten Priorität" für die neue Bundesregierung erklärt. Ko-Parteichefin Saskia Esken forderte ihrerseits am Samstag vor allem schnelle Entlastungen für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen.
"Unsere oberste Priorität von Tag eins an ist es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen", sagte Klingbeil, der als Vize-Kanzler und Finanzminister in einer schwarz-roten Bundesregierung gehandelt wird, der "Süddeutschen Zeitung" vom Samstag. Er nannte dabei die geplanten Abschreibungen für Unternehmen, die Senkung der Energiepreise und eine Unternehmenssteuerreform. "Vor allem die ersten beiden Punkte werden sehr schnell kommen."
"Wer für kleine und mittlere Einkommen arbeitet, muss möglichst rasch eine Entlastung zu spüren bekommen", sagte Ko-Parteichefin Esken der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" vom Samstag. "Das ist dringend notwendig, weil die Lebenshaltungskosten gestiegen sind, aber auch, damit es in Deutschland neue Zuversicht gibt." Hier müsse die neue Bundesregierung "liefern". Dies könne "auch einen Beitrag dazu leisten, dass die AfD wieder an Zustimmung verliert".
Klingbeil und Esken wollten bei einer SPD-Dialogveranstaltung am Samstagnachmittag im hessischen Baunatal erneut für die Annahme des Koalitionsvertrages werben. Die gut 358.000 SPD-Mitglieder sind noch bis einschließlich Dienstag aufgerufen, über den mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrag zu entscheiden. Am Mittwoch soll dann das Ergebnis der Befragung verkündet werden. Bei der CDU entscheidet am Montag ein kleiner Parteitag über die Koalitionsvereinbarung, die CSU hat sie bereits angenommen.
Mit Blick auf die Wirtschaft haben Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Unternehmen ab 2025 drei Jahre lang Ausrüstungsinvestitionen mit je 30 Prozent abschreiben können. Bei den Strompreisen soll es eine Entlastung von Betrieben und auch Verbrauchern "um mindestens fünf Cent" pro Kilowattstunde geben. Darüber hinaus ist ein Industriestrompreis für energieintensive Firmen geplant. Der Beginn einer schrittweisen Senkung der Unternehmenssteuern ist ab 2028 vorgesehen.
Schon beschlossen haben die künftigen Koalitionspartner mit Unterstützung der Grünen ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz. Klingbeil betonte, auch die Infrastruktur-Investitionen müssten nach der Regierungsübernahme rasch sichtbar werden. "Es muss schnell gebaut werden, es muss schnell saniert werden, es muss schnell spürbar sein." Das gelte vor allem für Schulen, Kitas, Straßen, Brücken und die Bahn.
"Ich bin überzeugt, dass die Bahn zu spät kommt, ist nicht nur ein Infrastrukturproblem, sondern mittlerweile auch ein Demokratieproblem", sagte der SPD-Chef. Die Politik könne diese Stimmung jedoch auch wieder ändern, "indem Menschen sehen, Deutschland kommt voran".
Weniger Hoffnungen macht der SPD-Chef den Bürgern auf schnell sinkende Belastungen bei den Sozialbeiträgen. Die Probleme im System ließen sich "nicht einfach nur mit mehr Geld zukleistern". Es brauche echte, tiefgreifende Reformen, um die sich nun eine Kommission kümmern solle. "Entweder wir schaffen es jetzt in vier Jahren die sozialen Sicherungssysteme zu modernisieren oder sie werden von den Populisten zerschossen", sagte Klingbeil. "Die kommen dann mit der Kettensäge oder mit der Axt."
Die SPD will laut Klingbeil ihre Ministerinnen und Minister für die schwarz-rote Koalition erst bestimmen, nachdem am Mittwoch das Ergebnis der Mitgliederbefragung vorliegt. Der SPD-Chef kündigte in der "SZ" Klarheit in der Personalfrage bis "spätestens am 5. Mai" an. Tags darauf soll bereits CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzler vereidigt werden.
CDU und CSU haben noch keinen genauen Termin für die Vorstellung ihrer Kabinettsmitglieder genannt. Laut "SZ" will die Union dies wahrscheinlich am Montag tun. An diesem Tag findet ein kleiner Parteitag der CDU in Berlin statt, der den Koalitionsvertrag billigen soll. Die CSU kommt am Montag ihrerseits in München zu einer Vorstandssitzung zusammen.
E.Mancini--IM